Gewalt hinter

verschlossenen Türen

Häusliche Gewalt gegen Tiere

Häusliche Gewalt betrifft nicht nur Menschen – auch Haustiere sind häufig mitbetroffen. Studien und Erfahrungsberichte zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen Gewalt an Partner*innen oder Kindern und der Misshandlung von Tieren im gleichen Haushalt.

Besonders seit der Corona-Pandemie berichten Tierschutzvereine und Tierärzt*innen von einem Anstieg solcher Fälle. Dabei bleiben viele Übergriffe unbemerkt – sei es durch gezielte Gewalt, Vernachlässigung oder veraltete Erziehungsmethoden, die Tieren erhebliches Leid zufügen.

In diesem Beitrag zeigen wir, wie häusliche Gewalt an Tieren zu erkennen ist, welche Anzeichen ernst genommen werden sollten und wie man richtig reagiert – zum Schutz der Tiere und der Menschen, die mit ihnen leben.

„Tiere haben keine Stimme – deshalb brauchen sie Menschen, die hinschauen, handeln und nicht wegsehen. Der Schutz von Haustieren ist Teil des gesellschaftlichen Verantwortung.“

Sophie von Boeckmann, 1. Vorsitzende Tierhilfe Fünfseenland e.V.

Zusammenhang zwischen Gewalt an Menschen und Tieren

Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen Gewalt gegen Frauen und Misshandlungen von Haustieren. In einer Erhebung unter Bewohnerinnen von Frauenhäusern gaben über 85 % an, dass ihre Haustiere bedroht, verletzt oder getötet wurden – oft als Mittel zur Einschüchterung oder Kontrolle durch den Täter.

Auch als „Erziehungsmethoden“ getarnte Gewalt zählt dazu: das Schlagen eines Hundes, das Packen am Nacken oder das Reindrücken der Nase in Kot und Urin sind veraltete, unwirksame und tierschutzwidrige Praktiken.

Katzen werden ebenfalls oft misshandelt – etwa durch Schläge mit einer zusammengerollten Zeitung, um sie vom Tisch fernzuhalten. Oder sie werden mit Wasser bespritzt oder mit Gegenständen beworfen – nicht selten aus Frustration oder Überforderung.

🐾 Woran erkennt man Misshandlung?

Misshandelte Tiere zeigen oft klare Verhaltensauffälligkeiten:

  • Angst oder Scheu, besonders gegenüber bestimmten Personen (oft Männern)

  • Übermäßige Wachsamkeit, ständige Anspannung, Rückzug, Tiere reagieren empfindlich auf bestimmte Reize oder Berührungen oder plötzliche Bewegungen (wie z.B. das Hochheben der Hand)

  • Aggressives Verhalten –einige Tiere reagieren mit erhöhter Aggressivität als Abwehrmechanismus, wie nach der Hand schnappen.


Hinzu kommen körperliche Merkmale, die auf Misshandlung hinweisen können:

  • Verletzungen:Unbehandelte Wunden, Frakturen oder Hämatome ohne plausible Erklärung, Verletzungen im Genital Bereich oder an der Schwanzwurzel ( Können Hinweise auf sexuellen Missbrauch deuten)
  • Vernachlässigung: Parasitenbefall, abgemagertes Erscheinungsbild oder mangelnde Hygiene.
  • Schlechte Pflege:Verfilztes Fell, überlange Krallen oder andere Hinweise auf mangelnde Fürsorge.

Auch das Lebensumfeld gibt Hinweise:

  • Unzureichende Unterbringung: Fehlender Schutz vor Witterung, beengte oder unhygienische Bedingungen.
  • Mangel an Nahrung und Wasser: Kein Zugang zu frischem Wasser oder ausreichendem Futter.
  • Fehlende tierärztliche Versorgung: Offensichtliche gesundheitliche Probleme

Kann man häusliche Gewalt an Tieren anzeigen?

Ja. Tierquälerei ist in Deutschland strafbar. Nach § 17 Tierschutzgesetz kann Tiermisshandlung mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden.

Wichtig ist: Eine Anzeige braucht eine gute Dokumentation. Wer Verdacht schöpft, sollte möglichst

  • Datum, Uhrzeit und Details des Vorfalls notieren

  • Foto- oder Videoaufnahmen sichern

  • Lautäußerungen wie stundenlanges Jaulen, Winseln oder Miauen festhalten


Zuständige Stellen sind:

  • die Polizei

  • das örtliche Veterinäramt

  • Tierschutzorganisationen (wie wir – die Tierhilfe Fünfseenland)


Wichtig: Wer helfen möchte, sollte niemals sich selbst in Gefahr bringen. Direkte Konfrontation mit gewaltbereiten Personen kann riskant sein.

📊 Zahlen & Dunkelziffern

Die tatsächliche Anzahl von Misshandlungen an Haustieren im häuslichen Bereich ist schwer zu erfassen – viele Fälle werden nicht angezeigt. In Hessen wurden im Jahr 2023 insgesamt 524 Verstöße gegen das Tierschutzgesetz registriert – die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. Viele Tiere überleben Misshandlungen nicht oder verschwinden unauffällig.

 

🩺 Tierärzt*innen erkennen oft als Erste die Warnzeichen

Tierärztinnen und Tierärzte spielen eine wichtige Rolle: Sie sind häufig die Ersten, die Hinweise auf Gewalt bemerken. Die Fachzeitschrift vetline nennt vier zentrale Warnzeichen, an denen häusliche Gewalt gegenüber Tieren zu erkennen ist. (🔗 Artikel: vetline.de)

Was Sie tun können – und warum es zählt

Gerade in Haushalten mit Gewalt bleibt das Leiden von Tieren lange unbemerkt – sie können sich nicht wehren, nicht um Hilfe bitten, und viele von ihnen werden als stille Opfer einfach übersehen. Dabei zeigen Studien klar: Wer Tiere misshandelt, überschreitet auch an anderen Stellen Grenzen. Gewalt gegen Tiere ist häufig ein Warnsignal für weitere Übergriffe im sozialen Umfeld.

Deshalb ist es so wichtig, nicht wegzuschauen. Wer Anzeichen von Misshandlung bemerkt – sei es durch auffälliges Verhalten, sichtbare Verletzungen oder Hinweise im Wohnumfeld – kann und sollte aktiv werden. Schon ein genauer Blick, eine dokumentierte Beobachtung oder ein Hinweis an Behörden oder Tierschutzorganisationen kann den entscheidenden Unterschied machen.

Der Schutz von Tieren beginnt im Alltag: durch Aufmerksamkeit, durch Zivilcourage und durch das Wissen, wann und wie man eingreifen kann. Jeder gemeldete Verdacht kann helfen, Leid zu beenden. Wir von der Tierhilfe Fünfseenland e.V. unterstützen bei Unsicherheit, Dokumentation oder der Einleitung einer Anzeige.